Freitag, 23. April 2010

Kick-Ass kicks Ass! Aber mal so richtig!

"With no power comes no responsibility"

Nach dem Hit "The Dark Knight" aus dem Jahre 2008 ist es ja erstaunlich still in den Kinos geworden, was Comicumsetzungen betrifft. Vorbei sind die Zeiten, in der sich unsere Lieblingsspinne im Gummieanzug durch die Häuserschluchten schwang, Wolverine mit seinen langen Fingernägeln ordentlich Narben verteilte oder Catwoman bei den Zuschauern spontane Katzenallergien auslöste.
Matthew Vaughn machte es sich nun zur Aufgabe dieser Flaute ein Ende zu setzen und zur Freude des Zuschauers entfesselt er dabei einen Sturm der Anarchie, der wohl jeden in seinen Bann zieht.

Dave Lizewski (Aaron Johnson) ist ein echter Nobody. Er ist weder besonders sportlich, noch besonders attraktiv und als richtig nerdy geht er auch nicht durch, da seine Freunde die Messlatte nochmal ein gewaltiges Stück höher legen. Seine einzige Super-Fähigkeit besteht darin, unsichtbar für Mädchen zu sein. Leider funktioniert das nicht bei Straßengangstern, die ihn nicht gerade selten um sein Hab und Gut erleichtern wollen, während andere unparteiisch daneben stehen und nur zusehen. Diese Lethargie regt den passionierten Comicfreak Dave auf. Wieso greift keiner ein? Wieso schauen alle nur zu, anstatt selber zu helfen und etwas zu ändern und wieso, verdammt nochmal, bestellt sich niemand einen grün-gelben Neoprenanzug im Internet und geht mit Gummieknüppeln auf die Jagd nach Gangstern?
Gerade die letzte Frage nimmt Dave dann doch ein bisschen zu persönlich und landet schnell mit ernsten Blessuren im örtlichen Krankenhaus. Doch schon beim zweiten Anlauf erlangt er dank Passanten, die mit Handykameras seinen Kampf aufzeichnen, landesweiten Ruhm als "Kick Ass". Dass es nicht nur Vorteile hat, sein (maskiertes) Gesicht im Fernsehen zu sehen, muss Dave jedoch schon bald am eigenen Leib feststellen.

Währenddessen meucheln sich Hit-Girl(Chloe Moretz) und Big Daddy(Nicolas Cage) nämlich verdeckt durch die örtliche Unterwelt und setzen den Mafiaboss Frank D'Amico (wie immer der Bösewicht: Mark Strong) in Rage. Der wird bei der Suche nach einem Verantwortlichen bei Kick Ass fündig und der stellt schon bald fest, dass es nicht immer gesund ist, Superheld zu spielen.

Jetzt wo die Story abgehandelt ist, weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll...vielleicht bei der bezaubernden Hit-Girl? Spätestens seit dem Red Band Trailer des letzten Jahres hat sie wohl jeden Freund der derben Splatterkost in spontane Jubelschreie ausbrechen lassen. Als kleines, maskiertes Mädel poltert sie mit Schwertern durch die Gegend, schlitzt reihenweise Schurken bäuchlings auf, springt mit einem Affenzahn durchs Bühnenbild und hat dabei immer einen derben Spruch auf den Lippen. Stellt euch einfach eine Mischung aus Kill Bill, John Rambo und dem Gun-Kata Kampfstil aus Equilibrium vor, nur halt mit einer...*hust* 11-jährigen.
Hier mögen sich die Geister scheiden, einerseits ist es bewusste Provokation, wenn das kleine Mädchen mit den Pipi Langstrumpf Zöpfen in die Kamera grinst nachdem sie einem Ganoven das rechte Bein abtrennte, aber genau aus diesem Grunde sollte man sich auch nicht in ethnischen Diskussionen verlieren. Der Film ist Unterhaltung auf höchstem Niveau und ungefähr so Ernst zu nehmen, wie Paris Hilton als Schauspielerin. Man muss sich auf solch einen überdrehten Gewaltgrad einlassen können, aber der Film ist auch so schon nichts für Kinder. 

(Anmerkung nebenbei: Es war das erste mal, dass ich vor dem Einlass gefragt wurde, wie alt ich bin!)

Chloe's Auftritte stellen dabei ganz und klar die Highlights des Filmes dar. Immer wenn sie auf der Leinwand erscheint, wird die dreht die Musik auf, die Schnitte werden schneller und (in meinem Fall zumindest) die Lachmuskeln werden bis aufs Äußerste strapaziert. Doch nicht nur sie überzeugt durch gekonntes Over-acting. Spätestens seit "Bad Lieutenant" hat sich Nicholas Cage wieder zum ernstzunehmenden Schauspieler gemausert und in Kick-Ass macht er als liebevoller Vater, der seiner Tochter schonmal in die Brust schießt um ihr Kevlarwesten zu demonstrieren, eine sehr gute Figur. Seine pseudo-neunmalkluge Art erinnert dabei sehr an die Adam West Batman Serie aus den 60ern, eine sicherlich gewollte Anspielung. Der Film ist ohnehin voller Querverweise auf andere Comics oder Filmklassiker, die jedoch nie so erzwungen und ausgekotzt wirken wie in Persiflagen wie "Superhero Movie". Man mag es kaum glauben, aber ein Großteil des Humors ist subtil und ebenfalls Geschmackssache.
Nicht vergessen sollte man auch noch Christopher Mintz-Plasse, der uns allen bestimmt noch als McLovin aus Superbad im Gedächtnis blieb. Er führt als Red Mist ein doppeltes Spiel mit Kick Ass, steht aber nicht so im Vordergrund wie unser Trio und der Antagonist.

 Nun noch zu einem Punkt der mir persönlich sehr wichtig ist. Nach dem Lesen des Reviews oder dem Sehen der Trailer könnte man eventuell auf die Idee kommen, es handele sich hierbei nur um eine stumpfe Action-Komödie mit Superhelden Elementen. Doch es steckt hier erstaunlich viel Wahrheit drinne, noch viel mehr als in anderen Comicverfilmungen.
Beispiel: Dave wird als Kick-Ass auf der Straße zusammengeschlagen. Er schafft es aber noch, einen Passanten zu bitten, die Polizei zu rufen. Was macht der Passant? Er rennt ins gegenüberliegende Restaurant, plärrt herum was draußen abgeht und in kürzester Zeit steht eine ganze Brigade Teenies mit gesattelten Handykameras vorm Fenster und filmen das Elend. Voyeurismus wie man ihn leider immer häufiger antrifft und mal ehrlich: Wer von uns hätte anders gehandelt? Letztes Jahr erst starb ein Mensch, der Passanten in der U-Bahn vor Schlägern schützen wollte. Zwar hat er nun das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen, aber was nützt ihm das noch? Leider wird Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft nur noch getadelt und somit auch nicht gefördert. Kick-Ass tritt einem die Wahrheit mit ordentlich Pfeffer in den Arsch und dort brennt sie noch die Stunden nach dem Kino-besuch.

Um nun langsam mal ein Ende zu finden...

Matthew Vaughn hat es geschafft, einen unglaublich unterhaltsamen und dennoch tiefsinnigen Film über die Passivität unserer Gesellschaft zu erschaffen. Gewürzt hat er diese Erkenntnisse mit wahnsinnig gut inszenierten Actionszenen, die regelmäßig für Gänsehaut sorgen. Audio-visuell hat einfach alles gestimmt und die Choreografien haben mir ein ums andere mal den Mund offen stehen lassen. Verfeinert wird seine "Genre-suppe" mit großartigen Figuren, wie Hit-Girl, die wahrscheinlich auch noch in den nächsten Jahrzehnten auf Faschingspartys vertreten sein wird. 
Leider muss ich zugeben, den Comic nicht gelesen zu haben und kann deshalb auch nicht beurteilen ob genau nach Rezept gekocht wurde. Doch dies ändert für mich nichts an meiner Wertung

stex vergibt 9,5 von 10 Butterflymessern

P.S. Allein die Ego-Shooter Szene ist den Kinobesuch wert ;)

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