Donnerstag, 14. Juli 2011

Sideways - pikant, herbe Tragikkomödie mit schmackhaften Abgang


Tragikkomödien sind die Spätburgunder des Darstellerkinos. Wer sich als Schauspieler wirklich auszeichnen will, bekommt es in diesem "Edelgenre" oftmals mit anspruchsvollen, vielschichtigen Charakteren zu tun, die auf der Leinwand dennoch glaubhaft und vor allem sympathisch wirken müssen. Paul Giamatti galt lange Zeit als ewiger Nebendarsteller. Er sah sich selbst nie anders und fand gefallen an diesem Titel, so vermochte er es doch immer wieder aus seiner geringen Screentime ein Maximum an Präsenz herauszuholen. Mit Sideways von Alexander Payne bot sich Giamatti nun die Chance ins Rampenlicht zu gelangen und diese nutzt er bravourös.

Das Gegenteil zu ihm ist sein Film alter-ego. Miles ist Englisch-Lehrer einer 8.Klasse, seit 2 Jahren geschieden und leidet seitdem unter Depressionen. Diese verarbeitet er zum Großteil in einem autobiografischen Roman, an dem er seit 3 Jahren schreibt und mit seiner fast schon manischen Leidenschaft zur gereiften Rebe. Miles ist Weinfanatiker und möchte die anstehende Hochzeit seines Kumpels Jack (Thomas Haden Chruch) dazu nutzen ihm auf der Junggesellenabschiedstour die Feinheiten von Pinot und co. näher zu bringen.
Jack ist dagegen eher einfach gestrickt. Der ehemalige Serienstar ist komplett triebgesteuert und sieht das Leben als einen riesigen Jahrmarkt, wo man von einer Attraktion zur nächsten rennt. Dementsprechend dauert es auch nicht lange, bis die ersten Wolken aufziehen auf der sonnigen Kalifornien Tour und natürlich sind Frauen dabei im Spiel...

Sideways lebt ganz klar von seinen vielschichtigen Charakteren und den Schauspielern, die ihnen Leben einhauchen. Da sei vor allem Paul Giamatti zu nennen, der aus Miles eine der interessantesten Figuren der jüngeren Filmgeschichte macht. Von weitem betrachtet sieht man nur den klassischen Loser, geprägt von Selbstzweifeln und Depressionen. Ein ziemlicher Jammerlappen also, der Zuflucht in seinem Hobby sucht. Dennoch ist er der klare Sympathieträger in dem Film, sein Handeln, die Mimik und Gestik Giamattis gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, einen Teil von sich selber in ihm wieder zu entdecken. Im Zusammenspiel mit dem eher lebensfrohen und spontanen Jack ergeben sich dadurch immer wieder brüllend komische Situationen, die die eigentliche Tragik übertynchen.

Sideways ist witzig, berührend und ehrlich zugleich. Im Laufe der Handlung reift die charakterliche Entwicklung unter der Sonne Kaliforniens zu einem Feuerwerk der Unterhaltung für den Gaumen des Filmfans. Ein ganz besonderer Jahrgang.

stex vergibt 9/10 und empfiehlt einen guten Pinot zum Filmgenuss


Anmerkung zum Sherlock Post weit über mir:
Großartiges TV-Event! Gewitzte Dialoge, Handlung zum Mitfiebern und stylisches Screenplay. Anschaubefehl!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen